Es sollten die Feste des deutschen Pétanque-Sports sein: Deutsche Meisterschaften. Mitte Juni 2025 fanden die DMs der Damen im Triplette und Tir de Précision an einem heißen Wochenende in Steinegg statt. Was sich der Deutsche Pétanque-Verband in Sachen Tir de Précision leistete, war jedoch alles andere als ein Fest.
Die Doublette-Partnerin und ich schauten am ersten Tag bei den DPV-Streams auf Youtube rein. Die gerade laufende Partie plätscherte schwer vor sich hin, geprägt durch viel Gelege und eher schwache Schüsse. Mit lähmenden Kommentaren überbot Thomas Schumann1 die spürbar bleierne Schwüle auf dem Platz erfolgreich. Ich war wenig begeistert. Mir fielen langsam die Augen zu.
Ganz anders sah das wohl Michael Dörhöfer, der DPV-Präsident. Später sollte er diese DM schamlos zur „besten aller Zeiten“ erklären.2 Der DPV-Oberste und Mitglied im Executive Committe des internationalen Verbands F.I.P.J.P.3 kann mittlerweile routiniert präsidialen Unsinn in klassischem Funktionärs-Sprech4 formulieren.
Nur ein Schelm wird vermuten, dass er schon mal übt, um später die Nachfolge des aktuellen F.I.P.J.P.-Präsidenten Claude Azema anzutreten. Andererseits würde das erklären, warum man sich im DPV auf präsidialer Ebene nur halbherzig um solche Nebensächlichkeiten wie eine DM im Tir de Précision der Damen kümmert.
Bobbele gesucht
Wir bräuchten einen Boris Becker“, meinte die Doublette-Partnerin plötzlich. Ich schreckte auf und schaute sie verwirrt an. Gerade war ich dem dumpf dahin wabernden Gebrabbel Schumanns durch einen leichten Halbschlaf entronnen, was eigentlich ganz angenehm war. Hatte ich das richtig verstanden? Was hat Boris Becker mit Pétanque zu tun? Mir rutschte ein schläfriges „Hä?“ heraus.
„Na, wenn das Pétanque in Deutschland irgendwann doch einmal mehr Aufmerksamkeit bekommen will, dann braucht es junge Menschen, die das Spiel sportlich, möglichst elegant, erfolgreich und dann noch medial sichtbar betreiben – wie Boris Becker damals“, erklärte sie. Währenddessen lief im Stream das gefühlt vierte zähe Spiel von Nord 3.5
Wie immer hatte die Doublette-Partnerin Recht. Natürlich ist Pétanque kein Tennis, das muss nicht mal erwähnt werden – aber das Prinzip ist nicht von der Hand zu weisen. Wer interessierte sich zu Zeiten von Hans-Dieter Beutel oder Peter Pfannkoch6 für Tennis? Niemand! Erst 1985 erlangte die Sportart durch den unerwarteten und rasanten Aufstieg Boris Beckers und seinen Wimbledon-Sieg (wieder7) bundesweite Aufmerksamkeit. Ach was: Euphorie wurde ausgelöst! Jede/r war plötzlich Tennis-ExpertIn und wusste, warum Bobbeles Gegner dessen Aufschlag nicht gut retournieren konnten.
Irgendwer wird nun kritteln, dass Becker zwar sehr sportlich, aber wenig elegant spielte und auch sein verbales Auftreten in der Öffentlichkeit eher behäbig war (und immer noch ist). Als ehemaliger Knastbruder gibt er zudem ein eher zweifelhaftes Role Model ab. Ja, alles richtig – darauf kommt’s aber nicht an: Becker war die Galionsfigur, die der deutsche Tennissport für seine Renaissance benötigte.
Eine solche – also eine Galionsfigur – haben wir im deutschen Pétanque nicht. Derjenige, der das mal hätte werden können, wurde mit Quecksilber und Watte auf einem internationalen Turnier in Monaco erwischt und von der Pétanque-Gemeinde verstoßen.8
Renterinnensport?
Es war bei der Damen-DM wie fast immer: Das deutsche Pétanque wurde auch dort von Menschen über 40 – teils deutlich älter – geprägt. Unsere Sportart wird in der Öffentlichkeit weitgehend als ein Spiel zwischen Rentnern wahrgenommen. In Steinegg waren es eben Rentnerinnen. Junge Gesichter waren selten.
Da die Doublette-Partnerin – wurde das schon erwähnt? – wie immer Recht hat, müssten wir aber nach jungen Gesichtern suchen, falls wir unseren Sport jemals publikumswirksam präsentieren wollten. Warum kommt im DPV eigentlich niemand auf die Idee, damit bei den von ihm veranstalteten Deutschen Meisterschaften anzufangen?
Wäre es nicht gut, ganz aktuell nach einem jungen Pétanque-Becker oder einer ‑Beckerin zumindest Ausschau zu halten? Die Person muss ja nicht unbedingt aus Leimen stammen und darf ruhig über einen Wortschatz verfügen, der über dem Niveau eines Thomas Schumann liegt. Ein solcher Versuch mag möglicherweise über Jahre hinweg erfolglos bleiben – jedoch könnte ein Verband, der seine Arbeit ernst nimmt, das zumindest probieren.
Es ist ganz einfach!
Wie geht man aber als Organisation vor, wenn man sein Wirken, den Sport und alles um ihn herum nicht nur informativ, sondern auch möglichst gut darstellen will? Die Frage erscheint nur auf den ersten Blick schwierig zu beantworten. Ein zweiter Blick – der in die Satzung des Bundesverbands – hilft schnell.
Dort beschreibt der DPV selbst, wie er sich das vorstellt. In Artikel 2 der DPV-Satzung9 wird die „Förderung des Pétanquesports“ als Verbandszweck ausdrücklich erwähnt. Konkret soll das auf diese Weise angegangen werden:
Vertretung des deutschen Pétanquesports in Staat, Gesellschaft und den Medien sowie gegenüber nationalen und internationalen Sportorganisationen
Diese Aufgabe ist nichts anderes als – Öffentlichkeitsarbeit!
Wenn eine Organisation ihr Anliegen einer breiteren Öffentlichkeit als der eigenen Blase zugänglich machen will, muss sie Öffentlichkeitsarbeit betreiben. Das können manche Verbände besser, manche schlechter. Der DPV gehört ohne leiseste Zweifel zur zweiten Kategorie. Nein, ich korrigiere:
Der DPV fällt auch aus der zweiten Gruppe heraus. Beim Pétanque-Bundesverband weiß man nicht einmal, was Öffentlichkeitsarbeit bedeutet, wenn man die Aktivitäten der letzten 15 Jahre als Maßstab nimmt. Man finanziert zwar ein „Kommunikations-Team“, aber das kann sein Handwerk erwiesenermaßen nicht.
Experten für schlechte Videos
Trotzdem gibt der DPV nicht wenig Geld für sein Kommunikations-Team aus (wie viel das ist, gibt der weitgehend intransparente Verband nicht Preis). Das Ergebnis sind häufig filmisch sauschlechte und fast immer grottenschlecht kommentierte Live-Streams auf Youtube. Vergessen wir nicht die unübersichtliche Website mit weitgehend mangelhaften Texten voller Rechtschreibfehler und schlechten Fotos. Es ist davon auszugehen, dass die Kosten für diese „Öffentlichkeitsarbeit“ weitestgehend von den lizenzierten SpielerInnen getragen werden.
Im Mittelpunkt der medialen Arbeit stehen die eifrig produzierten Videos. Für wen diese allerdings übertragen werden, das wird auch auf Nachfrage nicht erklärt.10 Aus gutem Grund, denn mit der Definition einer Zielgruppe müsste man ja auch zielgruppengerecht kommentieren. Stand heute reicht es, wenn irgendwas erzählt wird. Und das, was da geplappert wird, muss noch nicht einmal stimmen.11
Was hat das mit dem Tir de Précision zu tun?
Ganz ganz viel: Im hier behandelten Präzisionsschießen der Damen waren weit vorne auch neue Gesichter zu sehen. Erfrischend neue Gesichter – die man aufgrund der öden Übertragung allerdings kaum erkennen konnte.
Wer beispielsweise Stefanie Wachendorfs Leistung sah, hätte erstaunt sein können. Die junge, eher unbekannte Spielerin trat selbstbewusst auf, hatte eine recht elegante Technik, schoss im Viertelfinale (gegen Carolin Birkmeyer) und Halbfinale (gegen Eileen Jenal) jeweils 30 Punkte und schlug so ihre weit erfahreneren Gegnerinnen. Sie präsentierte so etwas wie eine neue Generation.
Das Finale gegen Silvana Lichte, die ihr Halbfinale mit 36 Punkten souverän gewann, war dann zwar von beiden Tireusen schwach, wofür zumindest teilweise eine Regenunterbrechung verantwortlich gewesen sein könnte – eventuell auch ein wenig Erschöpfung oder Aufregung? Aber das war aufgrund dieser Übertragung nicht zu erkennen.
Konnte man als Laie verstehen, was da gerade passierte? Ganz bestimmt nicht, wenn bereits interessiertes Fachpublikum in der Vorrunde nicht genau wusste, worum es im Moment konkret ging. Großaufnahmen der Spielerinnen für eine persönliche Note? Fehlanzeige. Ein paar Hintergründe über sie? Gab’s nicht. Woran lag das?
Feste Kamera, kein Kommentar
Die wortlosen Übertragungen des Tir de Précision verdienten sich bestenfalls das Prädikat „lieblos“. Wer es nicht gesehen hat, wird sich vielleicht nicht vorstellen können, was uns da zugemutet wurde: Wir wurden tatsächlich mit einer (!) fest eingestellten Kamera abgespeist. Einen Kommentar zum Geschehen gab es über den gesamten Wettbewerb nicht. Konnte man bei dieser „Präsentation“ eingeblendete Ergebnisse erwarten? Richtig: konnte man nicht. Es gab auch keine.
Anfangs standen jeweils zwei Tireusen nebeneinander auf ihrer eigenen Bahn. Beide warteten immer wieder darauf, dass beide Bahnen präpariert wurden. Erst dann wurde abwechselnd geschossen. War das, was da gerade stattfand, ein direkter Vergleich? Wie lautete der aktuelle Stand? Könnte die bisher erzielte Punktzahl zum Weiterkommen reichen? Links im Bild war – wohl eher zufällig – eine Tafel für den Punktestand einer Teilnehmerin schemenhaft zu erkennen. Ob’s eine zweite Tafel gab? Und wenn ja: wo?
Aufgrund der relativ langen Wartezeiten zwischen den Schüssen gab es mehr Leerlauf als Aktionen. Es fehlte an Attraktivität. Wer sollte sich das anschauen?
Nun kann man wirklich nicht davon ausgehen, dass Kommentare vom Schlage eines Thomas Schumann diese Mängel hätten kompensieren können. Aber es war ganz sicher keine weise Einsicht der DPV-Verantwortlichen, die uns seine üblichen, dumpf-landsmannschaftlich geprägten Sprachbrocken erspart haben. Es war schlicht nicht geplant, den Tir-Wettbewerb zu kommentieren.
Hört überhaupt jemand zu?
Ich weiß, dass nicht wenige Thomas Schumann den Ton abdrehen, weil seine Kommentare nicht nur keinen Mehrwert vermitteln, sondern zum Teil auch noch fachlichen Unsinn darstellen. Wenn aber niemand zuhört, so könnte man auf die Frage kommen: Warum dann überhaupt kommentieren? War es nicht geradezu weise, den Tir de Précision ohne Begleitkommentar zu übertragen? Nun, das wäre zu einfach – und erfüllt nicht die Aufgabe des Verbands, die er sich ja selbst in die Satzung geschrieben hat (siehe oben).
Berücksichtigt man den vorhin kurz skizzierten Aspekt der Öffentlichkeitsarbeit, dann ist das, was der DPV da an Wortkargheit ausgekaspert hat, zudem ersichtlich der falsche Ansatz: Es liegt doch auf der Hand, dass man um ZuhörerInnen ringen muss, um das deutsche Pétanque über die eigenen Blase hinaus zu bewerben! Unser Sport ist erklärungsbedürftig – und das nicht nur für Außenstehende: Ich bin sicher, dass manche aktive SpielerInnen nicht jede taktische oder technische Finesse einer Partie Pétanque erkennen.
Bei einer Übertragung vom Tir de Précision auf dem Laufenden zu bleiben, ist sicher noch ein Stück schwieriger. Bei beiden Wettbewerben ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass ohne begleitende Worte nicht klar ist, worum es da gerade geht.
Es hört doch jemand zu!
Auch das gehört zur Wahrheit: Ja, es gibt trotz aller Inkompetenz im DPV-Kommunikations-Team immer noch einige ZuhörerInnen bei den Übertragungen. Einer davon bin ich. Ich gebe beschämt zu, dass ich mir die Schumann’schen Kommentare anhöre – aus verschiedenen Gründen.
Zum einen halte ich es für notwendig, wenn ich in Sachen Öffentlichkeitsarbeit des DPV (oder was er dafür hält) auf dem Laufenden bleiben und darüber schreiben möchte. Zum anderen ist es die schlichte Faszination des Grauens, die mich Schumanns arg begrenzten Wortschatz mit prägendem „uff“ (statt auf) und „dat“ (statt das) ertragen lässt. Seine Kommentare haben dermaßen viel Potential, dat ich mir weitere Details für einen separaten Artikel uffspare.
Ja, es hört also jemand zu. Jedoch ist die positive Wirkung der Übertragungen auf „Staat, Gesellschaft und Medien“ im Sinne der satzungsgemäßen „Förderung des Pétanquesports“ weniger als Null. Diese Übertragungen sind vielmehr abschreckend. Im klassischen Fernsehen hätte man früher weitergezappt.12
Andere machen es vor
Wie schaffen es andere Randsportarten in Zeitungen, linearem Fernsehen und respektablen Online-Angeboten Sichtbarkeit zu erlangen? Beispiele sind alleine auf sportschau.de viele zu finden: Vor nicht langer Zeit gab’s dort eine Meldung an prominenter Stelle über die Europameisterschaft im Curling in Finnland. Curling als Randsportart in Deutschland einzustufen, wäre bei gerade mal 750 Aktiven bereits eine gewagte Übertreibung13 – und doch schaffen es die glatteiskehrenden Besenschwinger in die Online-Ausgabe der Sportschau. Samt dreiminütigem Video!
Desweiteren erinnere ich mich an einen längeren Online-Bericht über Synchronschwimmen.14 Diese Sportart, die viele deshalb mögen, weil alle vier Jahre zu den Olympischen Spielen ironische Beiträge über die bis zur Unkenntlichkeit verschminkten Badeanzug-Damen zu sehen sind, hat es tatsächlich geschafft, auch mal zwischendurch Sichtbarkeit zu bekommen.
Rhythmische Sportgymnastik15 dürfte ebenfalls als Randsportart angesehen werden, wurde aber trotzdem vor kurzem im Live-Stream der ARD-Sportschau ellenlang übertragen.
Andere Randsportarten als Pétanque sind offenbar weit erfolgreicher darin, Aufmerksamkeit in einer größeren Öffentlichkeit zu erzeugen.
Wieso schafft der DPV das nicht?
Wie kam es zu dieser medialen Aufmerksamkeit für solche Randsportarten in den öffentlich-rechtlichen Medien? Es ist nicht anzunehmen, dass ein Redakteur aufgrund eines miserabel kommentierten Youtube-Streams auf diese Sportarten aufmerksam geworden ist und dachte: Das müssen wir unbedingt zeigen! Vielmehr dürfte es sich um Öffentlichkeitsarbeit der Verbände gehandelt haben, die um einiges besser war, als die des DPV.
Ein Klassiker in diesem Bereich ist auch heute noch die gute alte Pressemitteilung. Sollte ein Verbandsmitglied des DPV den vorherigen Satz lesen, so wird auch ihr oder ihm ein spontanes „Hä?“ herausrutschen. Pressemitteilung? Wat’n dat? Diese Verwirrung hat ihren Grund:
Die letzte Pressemitteilung des Deutschen Pétanque-Verbands stammt aus den Zeiten, als Marco Ripanti noch für den DPV tätig war. Das ist mittlerweile 15 Jahre her!16
Ohne an dieser Stelle weiter in die Details gehen zu wollen ist festzuhalten: Die Öffentlichkeitsarbeit des DPV ist keine. Das, was der DPV mittels des Kommunikations-Teams abliefert, ist voller handwerklicher Mängel und extrem unattraktiv. Meint man tatsächlich, dass professionelle MedienvertreterInnen mit Streams zu beeindrucken sind, die auffallend oft das Cochonnet nicht zeigen und deren Kommentare an Vorschulunterricht erinnern, in dem Kindern das Lesen von Uhrzeiten nähergebracht wird?
Glaubt wirklich jemand, dass JournalistInnen einen Verband ernst nehmen, dessen Website aus schlechten Fotos und einer bemerkenswerten Ansammlung von Rechtschreibfehlern besteht? Glaubt man, dass man mit einer kryptischen Seite für „Presse-Downloads“ mit 15 Jahre alten, toten Links irgend etwas Positives für unsere Sportart bewirkt?
Verantwortlich für dieses mediale Chaos ist die Führungsriege des DPV. Der Verband hält sich ein vermutlich nicht ganz kostengünstiges Kommunikations-Team, das offenbar weder konzeptionell arbeiten kann, noch handwerkliche Kenntnisse aufweist. Zur Arbeit an einer guten Verbands-Website hat man recht offensichtlich auch gar keine Lust.
Die Folgen der mangelhaften Verbandsarbeit
Ob Silvana Lichte, die Deutsche Meisterin im Tir de Précision 2025, eine Pétanque-Beckerin ist, weiß ich nicht. Sie könnte jedoch das Potential haben. Allerdings bootete die Bundestrainerin Lara Koch die frisch gekürte Meisterin für die anstehende WM mit dem Hinweis aus, dass sie noch zu jung sei:
„Silvana Lichte ist hoffnungsvoller Nachwuchs.“ 17
Alter zählt also. Welchen Stellenwert der Verband der guten Leistung einer jungen Athletin wie Silvana Lichte zuordnet, ist beschämend. Espoirs sind Espoirs. Einen möglichen Start bei den Senioren verhindert irgendwer im DPV. Das hat übrigens Tradition im Verband und führte 2022 laut Pétanque aktuell wohl zum Rücktritt des damaligen Bundestrainers Sönke Backens.18
Für die WM wurde mit Kerstin Lisner sicher keine schlechte Tireuse nominiert. Allerdings hat sie dieses Jahr eher eine mäßige Form: Bei der Qualifikation zu den World Games, für die sie vom DPV extra nach Chengdu (China) geschickt wurde, schnitt sie ziemlich ernüchternd ab.19 Ob es eine Folge dieses Ergebnisses war, dass ihr Landesverband sie noch nicht einmal als Ersatz bei der 2025er-DM im Tir de Précision nominiert hat – obwohl sie mit einem Triplette vor Ort war?
Armutszeugnis
Mit der genau so geplanten (!) wortlosen Übertragung des Tir de Précision der Damen beweist der DPV einerseits seine Inkompetenz in Sachen Öffentlichkeitsarbeit. Das passt aber gut zu einem Verband, der eine Tireuse für die kommende WM nicht berücksichtigt, die neben einer ansprechenden Leistung bei der DM auch eine sehenswerte Liste an Erfolgen vorzuweisen hat – und somit eine gewisse Wettkampferfahrung. Die Entscheidung gegen Silvana Lichte aufgrund ihres Alters und für eine nicht mal bei der DM nominierte Sportlerin hinterlässt nicht nur bei mir Kopfschütteln.
Landesliga statt Wimbledon
Man stelle sich den damals 17-jährigen Boris Becker in einem Tennisverband vor, der wie der DPV geführt worden wäre. In dem Fall hätte der junge Becker am 7. Juli 1985 wohl eher eine Ligapartie gegen die Tennisfreunde Bruchsal gespielt, als das Turnier von Wimbledon zu gewinnen.
Das Beispiel ist manchen vielleicht zu entfernt vom Pétanque-Sport? Kein Problem:
Dylan Rocher wurde 2012 zum ersten Mal Weltmeister im Triplette bei den Senioren. Damals war er 20 Jahre alt, also zwei Jahre jünger als Silvana Lichte heute. Der DPV hätte ihn nicht nominiert.
Leserbrief zum Artikel
- Thomas Schumann ist Teil des DPV-Kommunikations-Teams. Seine Kommentare bei den Live-Übertragungen sind ein sprachliches Grauen. ↩
- Quelle: 22. DM Triplette Frauen & 8. DM Tireur Frauen – Gratulation und Rückschau; Artikel des DPV vom 15. Juni 2025, zuletzt abgerufen am 19. Juli 2025 ↩
- F.I.P.J.P. steht für Fédération Internationale de Pétanque et Jeu Provençal. Ob auf das zweite P noch ein Punkt folgt, das weiß der Verband selbst nicht so genau und schreibt’s auf seiner Website mal so und mal so. ↩
- Wer kennt sie nicht, die überschwänglichen Worte der IOC- und FIFA-Präsidenten, die jede Veranstaltung ihres Verbands schamlos zur „besten aller Zeiten erklären“? ↩
- Tatsächlich waren es nur zwei Spiele nacheinander, die uns der DPV von Nord 3 zeigte. Hätte die Mannschaft in die Barrage gemusst, wäre auch diese dritte Paarung gezeigt worden. Der DPV schafft es seit Jahren nicht, die interessanten und potentiell besserklassigen Spielpaarungen auf den „Video-Platz“ zu legen. Einen ernsthaften Grund für diese Ignoranz gibt es nicht, denn natürlich kann der DPV als Veranstalter entscheiden, dass Spielfelder getauscht werden. Das Reglement (Richtlinie für die Durchführung von Deutschen Meisterschaften) schließt dies nicht aus. ↩
- Beutel und Pfannkoch waren 1982 und 1984 Deutsche Meister im Tennis. ↩
- Ältere Menschen werden sich vielleicht noch an Wilhelm Bungert erinnern, der in den 1960er-Jahren unter anderem dreimal das Halbfinale und einmal das Finale des Turniers von Wimbledon erreichte. Bereits damals – die Bilder im Fernsehen waren meiner Erinnerung nach bereist live, aber noch schwarz-weiß – wurde ein Tennis-Boom ausgelöst. Das, was das Bobbele 1985 ausgelöst hatte, gab’s in ähnlicher Form also bereits 20 Jahre vorher. ↩
- Klaus Mohr wurde im Jahr 2016 bei der Europameisterschaft der Veteranen in Monaco mit manipulierten Kugeln erwischt. Das Verbandsgericht des DPV entzog ihm daraufhin die Lizenz für fünf Jahre. Er wurde lebenslang aus dem Nationalkader ausgeschlossen; siehe dazu den Bericht des DPV vom 21. Dezember 2016, zuletzt abgerufen am 19. Juli 2025 ↩
- Aus der Satzung des DPV:
§ 2 Zweck und Aufgaben
(1) Zweck des DPV ist die landesverbandsübergreifende Organisation und Förderung des Pétanquesports als Leistungs‑, Breiten- und Freizeitsport unter Beachtung der Grundsätze von Fairness und Sportlichkeit.
(2) Dieser Zweck wird insbesondere durch die Wahrnehmung der folgenden Aufgaben verfolgt:
a) Vertretung des deutschen Pétanquesports in Staat, Gesellschaft und den Medien sowie gegenüber nationalen und internationalen Sportorganisationen;
[…]; Quelle: Satzung des Deutschen Pétanque-Verbands vom 3. Dezember 2017 ↩ - Es gab mehrere Nachfragen meinerseits zu Zielpublikum und Konzept der Live-Streams in Diskussionen in sozialen Medien. Beteiligt waren Vertreter des DPV – unter anderem auch der DPV-Präsident Michael Dörhöfer. Eine Antwort auf meine Frage habe ich in keinem Fall bekommen. In jedem Fall jedoch wurde die Diskussion seitens des DPV an genau dieser Stelle beendet. ↩
- Ein Artikel zu den Inhalten der Kommentare der DPV-Live-Streams ist in Arbeit. ↩
- Ich kann mir vorstellen, dass der Begriff des Zappens für junge Menschen nicht mehr geläufig ist. Wäre heute Wischen angemessener? ↩
- In dem Artikel „DPV plant Bundesleistungszentrum“ habe ich bereits darauf hingewiesen, dass es bundesweit gerade mal 750 organisierte Curling-SpielerInnen in Deutschland gibt. Der DPV ist ein mehrfach größerer Verband. ↩
- Beim Synchronschwimmen sind meist junge Frauen in glitzernden Badeanzügen zu sehen, die aufgrund der Schminke fast so identisch wie Dolly das Schaf und dessen Geschwister aussehen und wohl auch noch unter Wasser angestrengt lächeln. ↩
- Wer enorm von Keulen, Bällen, Bändern oder Reifen schwärmt, die von enorm biegsamen jungen Damen artistisch gehandhabt werden, wird enorm viel Freude daran haben. ↩
- Auf der Website des DPV führt eine Suche nach „Pressemitteilung“ zu keinem neueren Fund als diesem vom 25. April 2010 zum damaligen Bundesligastart: „DPB: Düsseldorf und Weinheim-Lützelsachsen vorn“; zuletzt abgerufen am 19. Juli 2025 ↩
- siehe: DPV 2025 – Nominierung der Damen für die Weltmeisterschaften 2025, Artikel des DPV vom 18. Juni 2025; zuletzt abgerufen am 19. Juli 2025 ↩
- Schon in einem Artikel auf petanque-aktuell.de aus dem Oktober 2022 – Es brodelt im DPV – wurde auf die Problematik hingewiesen. Es wurde vermutet, dass der damalige Damen-Bundestrainer Sönke Backens zurückgetreten ist, weil ihm der Einsatz von Espoir-Spielerinnen im Seniorenbereich seitens des Verbands untersagt wurde; Artikel zuletzt abgerufen am 19. Juli 2025 ↩
- Qualifikationsturnier am 30. März 2025 zu den World Games in Chengdu, China: Ergebnisse der Vorrunde ↩
Hallo Frank,
mit einigem Schmunzeln habe ich deinen neuen Artikel gelesen. Es wird dich nicht wundern, dass du zu deinen Aussagen keinen Widerspruch von mir erhältst. Ich habe heute nochmal Italien:Deutschland geschaut, die Kameraführung ist ein Graus, Rolf gibt sein Bestes, aber ist das gut genug?
Deutschland ist Europameister und was liest man beim DPV? Nahezu nichts. Viel schlechter kann man einen Erfolg nicht vermarkten. Dass das Finale nicht „im Radio“ oder auf der DPV Facebook Seite kommentiert wurden, man stattdessen eine Kooperation mit petanque-aktuell einging, möchte ich nicht weiter kommentieren.
Kommen wir zu den positiven Aspekten. Wir haben einen Boris! Der heißt Matze!! Noch in meiner Zeit beim DPV habe ich vorgeschlagen, mit dem Sonnboy kann man das Petanque populärer machen. Man stelle sich die M&M Werbung mit Matze vor. „Lass uns schnibbeln“ und dann legt der mit einer Kurve ne Kugel an die Sau.
Und die Steffis sind am Horizont. Silvana Lichte ist prima, aber Maria Hein ist more prima. Hat schon Tireur Silber in der Jugend geholt, die hätte zur WM gemusst. Wer sie am Samstag bei der „Herren“ Doublette DM gesehen hat, konnte nur beeindruckt sein.
Junge Talente, die man vermarkten könnte, sind da. Bleibt noch der DPV. Da sehe ich kein Licht am Tunnel beim Thema Komm-Team und Öffentlichkeitsarbeit. Zum glück stirbt die Hoffnung zum Schluß
Grüße aus Kassel, Hein